Die 24 Stunden von Le Mans standen bis in die Morgenstunden des zweiten Tages ganz im Zeichen des Skoda 1100 Sport.

Selbst das Werksteam des französischen Rennwagen-Spezialisten Gordini blieb mit seinen insgesamt sechs Autos im Rennen chancenlos gegen den tschechoslowakischen Rennwagens, der lange als Fünfter in der Gesamtwertung lag.

Der Skoda 1100 Sport aus dem Ostblock

Das Werksteam von Skoda,  seit der Verstaatlichung A.Z.N.P genannt, traf nur fünf Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg auf die Elite des internationalen Rennsports. Das Vertrauen in die Motorsporttradition wurde prompt belohnt. Auf dem Hochgeschwindigkeitskurs an der Sarthe fuhr der erstmals eingesetzte Rennwagen am 24. und 25. Juni 1950 eine schnelle Runde nach der anderen.

Leider wurde die tapfere Renncrew wegen eines Pfennigartikels aus dem Rennen katapultiert. Der Bruch eines einfachen Sicherungsrings an einem Kolbenbolzenführte zu einem Motorschaden. Da die Rennwagen bei einem Schaden auf offener Strecke nur mit den Ersatzteilen und dem Werkzeug repariert werden durften, das sich an Bord befand, bedeutete dies das Aus für die Mannschaft aus Mladá Boleslav.

Wobei es erfahreneren Gegnern kaum besser erging. Nicht einmal die Hälfte der gestarteten Teilnehmer erreichte das Ziel, von den favorisierten Werks-Gordini sah keiner die Zielflagge.

Die Technik

Die Basis des Skoda 1100 Sport bildete das erste Nachkriegsmodell der Marke. 1946 wurde der als Tudor bekannte 1101/1102 vorgestellt. Zentralrohrrahmen und Fahrwerk blieben unverändert. Bremsen und Übersetzung passten die Ingenieure allerdings den Anforderungen des Langstreckenrennens an. Statt der serienmäßigen Blechkarosserie schneiderten sie dem offenen Zweisitzer ein knapp sitzendes Kleid aus Aluminium, welches das Fahrzeuggewicht auf 590 Kilogramm senkte.

Die Leistung des 1,1 Liter kleinen Vierzylinders, der es im Serientrimm auf 32 PS brachte, wurde auf 50 PS angehoben. Dies gelang mit einer auf 8,6:1 erhöhten Verdichtung, dem Einbau eines Solex-40-Vergasers und der Verwendung eines Rennkraftstoffs aus Benzin, Ethanol und Azeton. Das reichte für eine Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h.

Ein weiterer Wettbewerbsvorteil des Skoda lag im geringen Verbrauch von nur etwa zwölf Litern pro 100 Kilometer. Eine Tankfüllung ermöglichte daher vier Stunden Fahrzeit. Vaclav Bobek und Jaroslav Netušil, die sich am Steuer abwechselten, konnten deutlich längere Stints absolvieren als ihre Konkurrenten.

Nie mehr Le Mans

1950 war der erste und bis dato einzige Auftritt von Skoda in Le Mans. Wie schnell der Sport bei dem Rennen war, zeigt ein Vergleich mit dem 1951 in der gleichen Klasse eingesetzten Porsche 356, dessen Rundenzeiten hinter denen des Tschechen lagen.

Auch wenn die 24 Stunden nicht mehr auf dem Programm standen, absolvierte der Skoda Sport in den folgenden zwölf Jahren nach seinem Debüt über 80 weitere, meist sehr erfolgreiche Einsätze. Auch wenn diese auf die CSSR und das befreundete Ausland beschränkt waren setzte die Motorsportabteilung die Entwicklung des Sportwagens unbeeindruckt fort.

Erst wurde eine weitere Karosserie aufgebaut, zudem erhielten die beide Rennwagen immer stärkere Motoren. Den krönenden Abschluss der Leistungssuche bildeten eine Vergaserversion mit 120 PS und ein erstaunlich starker Doppelkompressor-Motor mit 190 PS. Das Le Mans-Auto erzielte 1953 nach einigen aerodynamischen Modifikationen mit 160,1 km/h einen tschechischen Geschwindigkeitsrekord in der Klasse bis 1.100 Kubikzentimeter.

Die heutigen Eigner


Michal Velebný koordiniert heute die Restaurierung und Instandhaltung der Fahrzeuge im Skoda Museum. Für ihn stellt der Skoda 1100 Sport nichts weniger als die Erfüllung eines langgehegten Kindheitstraums dar. Denn sein Großvater war für die Karosserieform verantwortlich und hinterließ seinem Enkel handsignierte Konstruktionspläne.

„Der Wagen galt lange als verschollen“, berichtet er. „Ich fand ihn erst nach langer Detektivarbeit, indem ich mit alten Fahrern, Mechanikern und Veranstaltern gesprochen hatte. Es dauerte dann noch mehrere Jahre, bis das Fahrzeug wieder voll einsatzfähig war.“

Erstaunlich am heutigen Zustand ist vor allem die hohe Originaltreue. Die Piloten gingen offenbar stets achtsam mit dem Rennwagen um, denn die Karosserie blieb trotz der extrem langen Rennkarriere weitgehend unversehrt. Davon zeugen beispielsweise die Bohrlöcher in der Karosserie für die damals in Le Mans erforderliche Startnummernbeleuchtung.

Apropos Le Mans. Der Skoda Sport wird doch noch zu seinem verdienten Comeback beim berühmten 24-Stunden-Rennen kommen. Die Rennrarität aus Mladá Boleslav gilt schon jetzt als einer der Stars beim Le Mans Classic 2021.  Vorab drehte die Rennfahrer-Legende Hans-Joachim „Striezel“ Stuck begeistert einige Runden in seiner Tiroler Heimat, wie die Fotos und das Video mit dem breiten Grinsen des sympathischen Bayern zeigen.

Skoda Sport