Ob man sich den neuen Audi RS3 als Limousine oder Sportback bestellt, ist reine Geschmackssache.

Beiden Derivaten wurde ein 294 kW (400 PS) starker Fünfzylinder eingepflanzt, der eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 290 km/h erreicht. Den Spurt aus dem Stand erledigt der kompakte Sportler in sagenhaften 3,8 Sekunden. 0,3 Sekunden als der von 2020 getestete Audi RS4 Avant. Durchaus eine Sensation in diesem Segment.

Das ausgezeichnete Triebwerk des Audi RS3

Der aufgeladene Fünfzylinder ist ein Prachtstück sondergleichen. Neunmal in Folge hat der 2.5 TFSI die Auszeichnung „International Engine of the Year“ gewonnen. Wie von Audi gewohnt, ist die Topspeed bei 250 km/h abgeregelt. Optional sind 280 km/h drin und mit dem RS‑Dynamikpaket und der Keramikbremse sind es sogar 290 km/h. Mal schauen, wie lange solche Geschwindigkeiten auf unseren Autobahnen noch möglich sind.

Das Drehmoment von 500 Nm liegt zwischen 2.250 und 5.600 Umdrehungen an und reißt den neuen Audi RS3 aus dem Drehzahlkeller schneller hoch als bisher. Ein speziell für das hohe Drehmoment entwickelte 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe verbindet kurze Schaltzeiten mit einer sportlichen Spreizung der Gänge.

RS Torque Splitter

Der RS Torque Splitter ersetzt das Hinterachsdifferenzial und das bisherige Lamellenkupplungspaket an der Hinterachse. Stattdessen kommt je eine elektronisch gesteuerte Lamellenkupplung an der jeweiligen Antriebswelle zum Einsatz.

Der Torque Splitter erhöht bei sportlicher Fahrweise das Antriebsmoment auf das kurvenäußere Hinterrad mit der höheren Radlast, was die Neigung zum Untersteuern deutlich reduziert. In Linkskurven überträgt er das Antriebsmoment auf das rechte hintere Rad, in Rechtskurven auf das linke hintere Rad und beim Geradeausfahren auf beide Räder.

Auch Drifts sind mit dem Torque Splitter möglich. Dann wird die gesamte Kraft auf eines der Hinterräder geleitet. Pro Rad sind bis zu 1.750 Nm möglich. Neben diesem RS Torque Rear genannten Programm gibt es den RS Performance Mode speziell für die Rundstrecke. Dieser nutzt ein spezifisches Motor- und Getriebe-Setup und ist exakt auf die erstmals ab Werk optional erhältlichen Semi-Slick-Reifen Pirelli P Zero „Trofeo R“ abgestimmt.

Der Torque Splitter sorgt hier für besonders längsdynamisch sportliches Fahren mit möglichst wenig Unter- und Übersteuern. Die Wahl der Modi erfolgt über das Fahrdynamiksystem Audi drive select, das zudem die Profile comfort, auto, dynamic, RS Individual und efficiency bietet.

Der Gag mit dem Licht

Dass serienmäßig LED-Lichter rundum verbaut sind, muss nicht mehr erwähnt werden. Schade nur, dass Audi dem RS3 die Matrix LED-Scheinwerfer mit abgedunkelten Blenden nur gegen Aufpreis spendiert. Weil nur dann gibt es diesen Gimmick zu sehen:

Als dynamische Leaving- und Coming-Home-Inszenierung erscheint im linken Scheinwerfer eine Zielflagge, auf der Fahrerseite der RS 3‑Schriftzug. Beim Fahren leuchtet beidseitig die Zielflagge auf.

Innen und außen

Das serienmäßige Virtual Cockpit plus des Audi RS3 ist 12,3 Zoll groß. Es zeigt die Drehzahl in Form eines Balkendiagramms an und stellt Leistung sowie Drehmoment in Prozentangaben dar. Das optionale RS-Runway-Design zeigt die Wert in umgekehrter Reihenfolge: die Höchstdrehzahl im Vorder- und die niedrigste Drehzahl im Hintergrund.

Die Instrumententafel ist aus Carbon gefertigt und die RS-Sportsitze tragen eine RS-Prägung und eine anthrazitfarbene Kontrastnaht. Optional erhältlich ist der Sitzbezug in Leder Feinnappa mit RS-Wabensteppung sowie schwarz glänzender, roter oder erstmals grüner Kontrastnaht.

Die Außenwirkung des neuen Audi RS3 ist einfach nur kraftvoll zu nennen. Die breiten RS-Stoßfänger und große Lufteinlässe vorne sowie die verbreitete Spur und die großen 19-Zöller sind nur einige Beispiele für den dynamischen Auftritt.

Fazit

In diesem Segment ist keiner schneller, aber auch keiner teurer. Aber es war schon immer etwas Besonderes einen RS3 zu fahren. Mit dem Neuen wird das Rennstreckenfeeling deutlich als je zuvor. Ob es aber die 290 km/h sein müssen?

Keramikbremsen können mit ihrem Gequietsche im Alltag ziemlich nervig sein. Ergo sind die 280 km/h sinnvoller. Zumindest solange es noch auf freien Autobahnen erlaubt ist. Bestellbar sind die beiden RS3 ab sofort, die Limousine kostet 62.000 Euro, der Sportback glatte 2.000 Euro weniger.

Technische Daten

Im Auto360.de Test: Audi RS3 Sportback

Antrieb, Fahrleistungen und Verbrauch

Motor: Fünfzylinder-Benziner TFSI

Getriebe: 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe

Hubraum in ccm: 2.480

Leistung in kW (PS) bei U/min: 294 (400) /5.600 – 7.000

Maximales Drehmoment in Nm bei U/min: 500/2.250 – 5.600

Beschleunigung 0–100 km/h in s: 3,8

Höchstgeschwindigkeit in km/h: 250 (abgeregelt)

Tankinhalt in l: n.n.

Kraftstoffverbrauch kombiniert in l/100 km: 8,8

CO2-Emission kombiniert in g/km: 201

Abmessungen, Gewichte, Bereifung

Länge/Breite/Höhe in mm: 4.389/1.851/1.436

Radstand in mm: 2.631

Leergewicht (inklusive Fahrer) in kg: n.n.

Zulässiges Gesamtgewicht in kg: n.n.

Kofferrauminhalt in l: 282 – 1.104

Bereifung: 245/35 R19 vorne 265/30 R19 hinten

Felgen: 8 x 19″ vorne 9 x 19″ hinten Leichtmetall

Preis

Listenpreis in Euro inklusive 19 % Mehrwertsteuer: 60.000

Special

Interview RS Torque Splitter mit Renn- und Entwicklungsfahrer Frank Stippler und Meic Diessner, Entwicklungs- und Testingenieur für den Bereich Fahrwerk.

Herr Diessner, Herr Stippler, wie gestaltete sich Ihre Zusammenarbeit im Entwicklungs- und Abstimmungsprozess des RS Torque Splitter?

Meic Diessner: Frank ist in diesem Prozess für uns enorm wichtig. Er bringt sehr viel Erfahrung mit, speziell auf dem Nürburgring. Deshalb sind seine Rückmeldungen für die Abstimmung und gerade für den Torque Splitter entscheidend. Bei den Erprobungen bin ich vor Ort und fahre im Rahmen des dreiwöchigen Dauertests auch selbst. Ich rüste das Fahrzeug mit Messtechnik aus und vergleiche die Messdaten mit den Rückmeldungen von Frank, um bei Bedarf die Abstimmung zu ändern.

Frank Stippler: Neben meiner Erfahrung und der Fähigkeit, schnell Auto zu fahren, helfen mir in einem derartigen Prozess natürlich meine Ausbildung als Kfz-Mechaniker und das Studium zum Maschinenbau-Ingenieur. Die Rückmeldung des Fahrzeugs kann ich sofort technisch einordnen und an Meic weitergeben. Gleichzeitig versteht er mich, wenn ich über das Feedback spreche, das mir das Auto auf der Strecke vermittelt.

Was ist wichtiger: die Messdaten oder die Rückmeldungen des Entwicklungsfahrers?

Meic Diessner: Die Daten und die Eindrücke von Frank fließen zu gleichen Teilen in die Abstimmung des Torque Splitters ein. Die Rückmeldungen eines Rennfahrers sind aber sehr wichtig für uns, weil er sich im Grenzbereich auf der Rennstrecke bewegt. Die Messtechnik hilft mir dabei, bestimmte Parameter aufgrund der Beschreibungen von Frank zu ändern. Das eine funktioniert nicht ohne das andere.

Wie fühlt sich der Torque Splitter im RS 3-Prototypen an? Und warum wurde er verbaut?

Frank Stippler: Generell fährt sich das Fahrzeug von Kurvenmitte bis Kurvenausgang sowie beim Herausbeschleunigen viel agiler. Allradfahrzeuge sind zwar sehr spurstabil unterwegs, neigen aber im absoluten Grenzbereich zum Untersteuern. Wir haben nach einer Lösung gesucht, die dieses Fahrverhalten abmildert. Der Torque Splitter verteilt mehr Last auf die Hinterachse. Damit entwickelt das Auto eine tendenziell übersteuernde Fahrdynamik. Und hier kommt das System Audi drive select ins Spiel, das dazu beiträgt, diese Tendenz je nach Einsatz, Streckenverhältnissen und Vorlieben zu dosieren. Richtig schnell unterwegs sind wir im Modus RS Performance, der Einstellung für die Rundstrecke, der besonders auf Semi-Slick-Reifen ausgelegt ist. Für mich ist der RS Torque Splitter ein Quantensprung, was das agile Fahren angeht.

Wann genau fließen die Erkenntnisse von Frank Stippler in die Abstimmung ein?

Meic Diessner: Das passiert natürlich in erster Linie während der zwei Rennstrecken-Dauerläufe über jeweils 8.000 Kilometer auf dem Nürburgring. Diese ausgedehnten Testläufe spielen während der Entwicklung eine ganz wichtige Rolle für die Praxistauglichkeit – und damit auch den Serieneinsatz des Torque Splitters.

Welche Parameter lassen sich während dieser Tests noch verändern?

Meic Diessner: Grundsätzlich wird die Software während der Entwicklungszeit immer komplexer. Diese müssen wir auf die zur Verfügung stehenden Fahrmodi anpassen – von auto bis RS Torque Rear, der auf abgeschlossenen Strecken das kontrollierte Driften ermöglicht. In der Praxis heißt das: Frank fährt, gibt Rückmeldung, wir adaptieren und fahren im Wechsel – so lange, bis es passt.

Wann ist die Serienreife erreicht?

Frank Stippler: Mit der Zeit entwickelt man ein Gefühl dafür. Ich bringe meine Meinung ein, weil ich das Fahrzeug am absoluten Limit bewege und im Blick habe, welche Anforderungen die Kundschaft an dieses Auto stellt. Wenn Meic und ich nach Testfahrten einer Meinung sind, dann bekräftigt das ein Gesamtbild, das wir von den Eigenschaften des Torque Splitters gewonnen haben. Und das muss für alle an der Entwicklung Beteiligten stimmig sein. Besonders wichtig in diesem Prozess ist das Prüffeld Nordschleife. Der RS 3-Prototyp bildet ein breites Bedarfsspektrum ab, mit dem sportlich ambitionierte Kunden angesprochen werden. Aber auch Käufer, die nicht oder nur selten auf der Rennstrecke unterwegs sind, berücksichtigen wir.

Wie intelligent ist der Torque Splitter?

Meic Diessner: Er erkennt zum Beispiel, ob die Fahrbahn nass oder trocken ist. Dafür muss die fahrende Person nicht extra den Modus wechseln. Das heißt, dass das Fahrzeug im Modus RS Performance auf nasser Fahrbahn automatisch anders reagiert als im Trockenen. Hinzu kommt, dass der Fahrer bis zur Höchstgeschwindigkeit von der Variabilität des RS Torque Splitter profitiert. Er ist also immer mit quattro-Antrieb unterwegs, wenn es erforderlich ist.

Warum ist es bei der Fahrzeugabstimmung wichtig, nicht nur schnell zu sein?

Frank Stippler: Weil wir verstehen wollen, wie Hardware und Elektronik in allen erdenklichen Fahrsituationen ineinanderwirken. Kurzum, um den technischen Gesamteindruck eines Autos im Auge zu behalten. Es geht nicht um mich oder darum, das Auto maximal schnell für die Rennstrecke abzustimmen. Um den weitergehenden Ansprüchen der Kundschaft an Dynamik und Fahrkomfort zu entsprechen, hilft es sicherlich, dass ich nicht nur schnell im Kreis fahre, sondern darüber hinaus technische Zusammenhänge einordnen kann.

Worauf dürfen sich Audi-Fans also freuen?

Frank Stippler: Auf ein Auto, das ein sehr breites Bedarfsspektrum abbildet: von komfortabel im Stadtverkehr bis maximal schnell auf der Rennstrecke.Undauf ein Auto, das in seiner Klasse einzigartig ist und Emotionen versprüht.

Meic Diessner: Wir sprechen über einen rundum gelungenen, sportlichen Allrounder mit Fünfzylindermotor und einem tollen Sound, der für Gänsehaut sorgen wird. Dazu kommt ein sportlich ausgewogenes Fahrwerk mit dem RS Torque Splitter, der in Verbindung mit den Fahrmodi sehr viele Variationen in das Fahrzeug bringt und die Fahrdynamik auf ein höheres Level hebt.