Wenn sich Karl Geiger ein Corvette C2 Cabrio aus dem Jahre 1967 als ultimatives Tuningobjekt zurechtlegt, kann die Fertigstellung ein paar Jahre dauern. Zehn sind es geworden und wenn man sich dieses Hammerteil genau betrachtet, ist klar, dass immer noch an ein paar Schräubchen gedreht werden sollte. Zur Ehrenrettung des US-Automobil-Experten aus München sei gesagt, dass in diesem Zeitraum der Umzug in das neue Domizil erfolgte und zudem das normale Tagesgeschäft extrem viel Zeit kostet.
Original? So gut wie nix mehr!
Dieter Rotter, ein Schrauber vor dem Herrn und das Herzstück der Werkstatt von GeigerCars, widmete sich in den vergangenen Jahren abertausende Stunden dem Aufbau dieses Überautos. „Original ist an dieser Corvette so gut wie nichts mehr“, erzählt Rotter mit einem Schmunzeln im Gesicht. „Gerade mal noch die Türen und Teile des Hecks sowie der Armaturenträger.“
Widmen wir uns also Stück für Stück dieses Chevrolet Corvette C2 Cabrio, das 1967 das Licht der Welt erblickte. Damals noch in St. Louis im US-Bundesstaat Missouri. Unter der speziell konstruierten einteiligen Motorhaube, die sich ähnlich wie beim Jaguar E-Type komplett mit den Kotflügeln nach vorne klappen lässt, füllt ein 9,1-Liter-V8 den Raum nahezu komplett aus.
„Wir mussten sogar die Batterie hinter dem Beifahrersitz verlegen“, erläutert Dieter Rotter die Enge des dennoch gewaltig großen Motorraums. Der Bigblock von Ohio Crankshift hat ein Volumen von 9,1 Litern oder auch 555 cui (Kubik-Inch). Auf die acht Zylinder verteilt lässt die Größe am besten mit mehr als einer Maß Bier pro Zylinder beschreiben.
Fette Sidepipes
Dieses Triebwerk kommt auf eine Leistung von 739 PS, die sich tosend über zwei fette Sidepipes lautstark bemerkbar macht. Geschaltet wird manuell mittels eines Sechsgang-Getriebes von Richmond. Muskelkraft im linken Bein ist sinnvoll, um die Kupplung zu treten. Genauso wie die Muckis in den Armen nicht zu schwach sein sollten, um die montierten 285er Schlappen zu einer Bewegung zu animieren.
Felgen und Reifen sind übrigens von der Corvette ZR1, wie so manch anderes Teil, das von anderen Herstellern stammt. Der Schaltsack stammt von einem Opel Astra der Modellreihe G, der Ausgleichsbehälter der Bremsflüssigkeit von einem Quad und die mit Kunstleder bezogenen Sitze stammen von einem Zubehörshop in den USA.
Apropos Kupplungskraft. „Wir hatten, “ so Dieter Rotter, „für die Trennwand von Fahrgastzelle und Motor leichtes Gfk vorgesehen. Das ist uns aber wegen des extremen Kraftaufwands beim Treten der Kupplung durchgebrochen. Also half es nix und wir schweißten eine stählerne Platte in den Fußraum.“ Diese Platte hält, wie ich aus eigener Erfahrung bei meinen Testfahrten bestätigen kann, wohl auch den Tritt eines Elefanten aus.
Holley Dominator
Zurück zum Bigblock und seinem Vergaser, der von Holley stammt und sich Dominator nennt. Wegen seiner offen liegenden Einspritzdüsen lässt sich die Zuführung des Treibstoffs perfekt beobachten. Das Ganze sieht aus wie ein kleiner vierstrahliger Springbrunnen und ist ein Spektakel sondergleichen. Die Zuführung des Benzins erfolgt übrigens über Leitungen mit einem Innendurchmesser von 1,6 Zentimetern.
Die braucht es auch, um den unbändigen Durst der 9.094 Kubikzentimeter zu stillen. Sind die acht Zylinder erst einmal in Wallung gebracht, ist eine Unterhaltung nur mit erhöhter Lautstärke möglich. Aber wer will schon plaudern, wenn einem acht Zylinder mit bis zu 6.400 Umdrehungen pro Minute einen Sound produzieren, der mit Symphonien aufwartet, dass selbst Richard Wagners Opern stillen Wässerchen gleich kommen.
Rennfahrwerk für das Corvette C2 Cabrio
Im Standgas brabbelt das Corvette C2 Cabrio von GeigerCars in Richtung Autobahn. Ich sitze in den durchaus bequemen Sitzen und sehe zu, dass ich den Gasfuß nicht allzu schwer werden lasse. Schließlich müssen wir beide noch ein bisschen warm werden miteinander und zudem ist mir mein Führerschein extrem wichtig.
Die Kiste geht nämlich ab wie nix. Auch wenn keine gemessenen Beschleunigungsdaten zur Verfügung stehen, schätze ich, dass die 100 km/h aus dem Stand in rund 4 Sekunden zurückgelegt werden können. Oben ist bei rund 270 km/h ein Speed erreicht, den selbst das verbaute Performance-Fahrwerk an gewisse Grenzen der Vernunft bringt.
„Wir haben das komplette Fahrwerk ausgetauscht“, erklärte mir Dieter Rotter den Umbau. „Bestellt haben wir den Satz bei Corvette America, ein Spezialist für alles was mit dem Veredeln und Tuning von Corvettes zu tun hat.“ Die hohe Qualität dieses Umbaus ist deutlich spürbar. Das C2 Corvette Cabrio customized by GeigerCars liegt stabil wie das berühmte Brett auf der Straße.
Nach einigen Kilometern ultimativer Frischluftzufuhr, das Wetter spielte bei unserer Ausfahrt perfekt mit, fuhr ich den Dragster wieder zurück in die Hallen von GeigerCars. Das Brabbeln der 9,1 Liter noch in den Ohren, überreichte ich Karl Geiger den Schlüssel mit Versprechen, dieses Teilchen noch einmal für einen scharfen Ritt auszuborgen.
Technische Daten
Im Auto360.de Test: Chevrolet Corvette C2 Cabrio GeigerCars
Antrieb, Fahrleistungen und Verbrauch
Motor: V8 Bigblock
Getriebe: Sechsgang-Schaltung
Hubraum in ccm: 9.094
Leistung in kW (PS) bei U/min: 543 (739)/6.400
Maximales Drehmoment in Nm bei U/min: 787/5.400
Beschleunigung 0–100 km/h in s: 4
Höchstgeschwindigkeit in km/h: > 270
Abmessungen, Gewichte, Bereifung
Bereifung: 285/35 R19
Felgen: 9,5 x 19″ Leichtmetall