Mit dem kompakten Typ 998 präsentierte Skoda 1962 ein wendiges und kompaktes Spezialfahrzeug für den Einsatz im Landwirtschafts- und Forstbetrieb sowie für das Heer.

Auto360.de stellt in insgesamt sieben Folgen unbekannte und doch auch wegweisende Fahrzeuge der vergangenen Jahrzehnte vor. In Teil 4 ist es der Typ 998 Agromobil.

Auf Testfahrten im Gelände konnte der Typ 998 zwar vollends überzeugen, in Serie ging der Agromobil genannte Pritschenwagen mit umklappbarer Windschutzscheibe trotzdem nie. Dafür schaffte das 3,50 Meter lange Fahrzeug mit Platz für bis zu zehn Passagiere den Sprung auf die Kinoleinwand. Heute gehört eines der insgesamt 13 produzierten Fahrzeuge des Typ 998 zum Fahrzeugbestand des Skoda Museums.

Typ 998 Agromobil

Typ 998 Agromobil

Langjährige Erfahrung

Landwirtschaftliche Geräte wie Motorpflüge und Traktoren wurden bei Skoda ab 1912 produziert. Ende der 1950er- und Anfang der 1960er-Jahre verfügte Skoda dadurch über ein jahrzehntelanges Know-how bei der Konstruktion von geländegängigen Nutzfahrzeugen.

In der damaligen Tschechoslowakei fehlte es in dieser Zeit an kompakten, wendigen und damit leichten sowie vielseitig einsetzbaren Geländefahrzeugen. Daher fragte das Landwirtschaftsministerium in Mladá Boleslav an, ob es möglich sei, ein Modell zu entwerfen, das den Anforderungen der Agrar- und Forstwirtschaft entspräche und darüber hinaus auch im Tagebau einsetzbar wäre.

Außerdem sollte es sich für die Armee eignen. In den Zeiten des Kalten Krieges war das oftmals eine unerlässliche Zusatzbedingung oder gar Grundvoraussetzung und so trugen damals viele militärische Projekte zivile Decknamen.

So entstand die Idee für die Entwicklung des Typ 998 Agromobil, die im Januar 1961 bei Skoda begann. Dabei arbeitete der damals AZNP (Automobilové závody národní podnik oder Staatsbetrieb Automobilwerke) genannte Automobilhersteller mit dem Unternehmen Česká zbrojovka Strakonice zusammen, einem Produzenten von Handfeuerwaffen, Fahrrädern und Motorrädern der Marke ČZ.

Das neue Modell sollte dort gefertigt werden, da die Kapazitäten von AZNP bereits ausgelastet waren. Die drei Prototypen des 998 entstanden allerdings in Mladá Boleslav und nutzen zahlreiche Komponenten der Serienmodelle von Skoda.

Typ 998 Agromobil

Typ 998 Agromobil

Form follows function

Das kompakte Fahrzeug war 3,47 Meter kurz und 1,70 Meter breit und besaß eine selbsttragende Karosserie mit Pritschenaufbau, den ebenso eine Plane abdeckte wie die Kabine für den Fahrer und Beifahrer. Die Ladekante der 1,98 Meter langen und 1,59 Meter breiten Ladefläche lag nur 70 Zentimeter über der Fahrbahn.

In Kombination mit dem 1,24 Meter hohen Verdeck ergab sich so ein 3,9 Kubikmeter großer Frachtraum, der einfach zu erreichen war und sich gut beladen ließ. Wahlweise konnten auf zwei längs angeordneten Bänken auch bis zu acht Personen Platz nehmen.

Mit Fahrer und Beifahrer bot der Typ 998 in dieser Konfiguration Platz für bis zu zehn Personen. Zu den Besonderheiten des vielseitig einsetzbaren Geländefahrzeugs zählte die ungeteilte Windschutzscheibe. Sie ließ sich nach vorne umklappen. Damit sank die Fahrzeughöhe des Agromobils von 1,94 auf 1,41 Meter.

Optimal für Fahrten durch den Wald oder den Transport im Flugzeug. Die sehr guten Offroad-Eigenschaften ergaben sich vor allem durch den Radstand von nur 1,90 Meter und die kurzen Karosserieüberhänge, die vorne wie hinten einen nahezu identischen Böschungswinkel von fast 45 Grad ermöglichten.

Eine großzügig dimensionierte Bodenfreiheit von 290 Millimetern bei leerem Fahrzeug und 230 Millimetern bei voller Zuladung trug ebenfalls zur Geländegängigkeit bei. Die einzeln aufgehängten Räder wurden vorne von Trapez-Querlenkern geführt, an der Hinterachse griff man auf Schlepplenker mit einer Drehstabfederung zurück.

Typ 998 Agromobil

Typ 998 Agromobil

Der Antrieb

Der 1,2-Liter-Vierzylinder mit 33 kW (45 PS) stammte aus dem Skoda 1202, einem von 1961 bis 1973 gebauten Stationwagon. Ein Vierganggetriebe leitete die Kraft über ein angeflanschtes Reduktionsgetriebe an die Hinterachse mit Sperrdifferenzial sowie bei Bedarf auch an die zuschaltbaren und ebenfalls sperrbaren Vorderräder.

Neben der Straßenuntersetzung von 1:1,30 gab es auch einen Geländemodus mit einer Untersetzung von 1:2,28. Über eine Zapfwelle im Heck konnte das Agromobil zudem Geräte für Feld- und Forstarbeit antreiben. Das Leergewicht von 936 Kilogramm lag zu 46 Prozent auf der Hinterachse.  Bei voller Beladung durfte der Typ 998 bis zu 1.736 Kilogramm wiegen, dann verteilten sich 56 Prozent des Gesamtgewichts auf die hinteren Räder.

Trotz der herausragenden Testergebnisse und der knapp 30.000 Testkilometer in nur 79 Tagen wurde der Typ 998 nie in Serie gebaut. Dies ist vor allem in den Besonderheiten der zentral gesteuerten Planwirtschaft sowie der mangelnden Einflussnahme der tschechoslowakischen Armee begründet.

Der breiten Öffentlichkeit wurde der Pritschen-Frontlenker erst am 29. Januar 1965 bekannt. An diesem Freitag feierte das tschechoslowakische Musical  Kdyby tisíc klarinetů (Wenn bloß Tausend Klarinetten) Premiere. In einer Szene dieses Antikriegsfilms verfolgt ein Militärkommando mit zwei Exemplaren des Agromobils einen pazifistischen Deserteur.

Übersicht über die weiteren Folgen:

Teil 1: LW-Dreirad von Laurin & Klement

Teil 2: Černá Hora-Montenegro -Omnibusse und -Lieferwagen von Laurin & Klement

Teil 3: Skoda Sagitta

Teil 5: Skoda 1000 MB Hajaja

Teil 6: Skoda Buggy Typ 736

Teil 7: Skoda Felicia Fun